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Aktuell am Ende der Seite
In Heidelberg bahnt sich eine verhängnisvolle Entwicklung an. Nachdem
der umweltfreundliche und platzsparende Öffentliche Verkehr in den letzten
Jahren einen guten Aufschwang nahm, die Straßenbahntrasse von Handschuhsheim
zum Bismarckplatz saniert wurde, alle Beschäftigten der Universität und der
Unikliniken ein Jobticket und die Studenten ein Semesterticket nutzen
können, soll die Entwicklung jetzt anscheinend zurückgedreht werden. |
Es begann damit, dass (angeblich wegen der Sanierung der
Rohrbacherstraße) der Straßenbahnfahrplan so geändert wurde, dass aus dem
5-Minutentakt der Straßenbahnlinien 5 und 23 bzw. 24 und 21 ein 1- und
9-Minutentakt gemacht wurde. Während die zuerst fahrende Linie 5 bzw. 24
jeweils voll bis übervoll waren, fuhren die nach Fahrplan dicht darauf
folgenden Linien 23 und 21 fast leer. Die Fahrgäste mussten bis zu 9 Minuten
warten und wunderten sich. Für viele Berufspendler, die die Strecke täglich
fahren müssen, war dies nicht attraktiv, sie stiegen wieder um ins Auto. Was
niemand wusste war, dass in dieser Zeit der Besetzungsgrad der Straßenbahnen
gezählt wurde ! Und die Ergebnisse dienen jetzt zur Begründung dafür, dass
die 23 nördlich des Neckars ganz und die 21 weitgehend "wegen zu geringer
Auslastung" gestrichen werden sollen. Anstatt den ursprünglichen, attraktiven
5-Minutentakt wieder herzustellen, soll damit der Nahverkehr
verschlechtert werden.
Noch kurioser werden diese Pläne im Zusammenhang mit der geplanten neuen
Straßenbahnlinie durch das Neuenheimer Feld. Beschlossen hatte der
Gemeinderat im April 2009, dass die Linie 21 den Uniring bedienen
soll, während die 24 wie bisher durch die Berliner Straße auf direktem Weg
zum Hauptbahnhof fahren soll. Wenn nach der jetzt bekannt gewordenen Planung
die 24 über den Uniring fahren und die 21 weitgehend wegfallen sollte,
müssten die Handschuhsheimer über den Zoo fahren, um zum Hauptbahnhof zu
kommen, die Fahrzeit würde sich um rund 75% verlängern ! Dies wäre für Berufspendler, die täglich den Fernverkehr
oder die S-Bahn nutzen wollen, völlig unattraktiv.
9.10.2010: Erfreulicherweise hat ein gewichtiger Teil des
Gemeinderats recht schnell und eindeutig
Stellung zu
diesen Plänen genommen. |
Das Konzept der Gemeinderatsmehrheit ist richtig: Der Öffentliche
Verkehr muss besser, schneller und attraktiver werden. Dadurch lassen sich
die Kosten des Nahverkehrs am effektivsten reduzieren. Durch Beschleunigung
des ÖPNV z.B. lässt sich dieselbe Verkehrsleistung mit weniger Fahrzeugen
und damit weniger Kosten erbringen. Und zusätzlich steigen die
Fahrgastzahlen und damit die Einnahmen der HSB. Und als Nebeneffekt nehmen sowohl die Staus als auch die Kosten des Autoverkehrs
(Umweltverschmutzung, Platzbedarf, Straßenunterhalt) ab. |
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Am 24.11.2010 wurde das TKK-Gutachten zur sog. "Liniennetzoptimierung"
im Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss des Gemeinderats vorgestellt.
Die Präsentation war jedoch nicht sehr überzeugend. So argumentierte der
Gutachter Herr Dr.Sparmann, in Heidelberg gäbe es in der
Brückenstraße/Steubenstraße und in der Berlinerstraße einen unnötigen
5-Minuten -Takt, den man ohne Probleme in einen 10-Minuten-Takt umwandeln
könne. In Mannheim und Karlsruhe gäbe es nämlich auch nur einen
10-Minuten-Takt. Das ist nicht richtig: Heidelberg hat bei den Linien
denselben 10-Minuten-Takt wie die Straßenbahnen in Mannheim und Karlsruhe,
der 5-min-Takt kommt durch Überlagerung von 2 Linien zustande (seit Jahren
allerdings fahren diese z.B. in der Brückenstraße/Steubenstraße in einem
unsinnigen 2/8 min-Takt.) Was Herr Sparmann nicht darstellte: In Mannheim
gibt es in der Innenstadt durch Überlagerung mehrerer Straßenbahnlinien
einen 3-Minuten-Takt und in Karlsruhe in der Innenstadt sogar einen
2-Minuten-Takt !
Es war sehr erfreulich, dass Gemeinderäte mehrerer
Parteien sehr sachkundig gegen dieses Streichkonzept argumentierten und
stattdessen zahlreiche Einsparmöglichkeiten durch eine Verbesserung des
Öffentlichen Verkehrs wie z.B. durch eine Beschleunigung einbrachten. Umso
bedauerlicher war, dass der Verkehrsmanager der Stadt behauptete, wegen des
Vorrangs der Straßenbahnen an der Kreuzung Kurfürstenanlage/Poststraße
müssten die Fußgänger bis zu 5 Minuten warten. Wie man sich leicht
überzeugen kann, besitzt der Fußgängerübergang über die
Straßenbahngleise an dieser Stelle überhaupt keine Fußgängerampel, sondern
lediglich einen Gelbblinker. Die Fußgängerampeln, die oft und lange
auf rot stehen, gehen über die Kfz-Fahrbahnen der Kurfürstenanlage. Die
Fußgänger müssen warten, weil die Verwaltung dem Autoverkehr
Vorrang vor den Fußgängern einräumt.
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Bericht des Rhein-Neckar-Fernsehens
Am 9.12.2010 fand eine gemeinsame Sitzung der Bezirksbeiräte Altstadt,
Bergheim, Handschuhsheim, Neuenheim, Schlierbach, Wieblingen und Ziegelhausen
statt, bei der auf der Ebene der Bezirksbeiräte über die vorgesehene Kürzung
von 20% des Straßenbahn- und 13% des Busverkehrs in Heidelberg abgestimmt
werden sollte. Auf dieser Sitzung wurde deutlich, dass Handschuhsheim
besonders stark von den Kürzungen betroffen wäre. Leider war der Bezirksbeirat Handschuhsheim bei dieser
wichtigen Sitzung jedoch nicht beschlussfähig. Es fehlten auf der gesamten
Sitzung die
Bezirksbeiräte der HEIDELBERGER, der FWV und der FDP, 3 der 4
CDU-Bezirksbeiräte und je 1 von SPD (3), GAL (2) und GRÜNEN (3). Dadurch
konnte der Bezirksbeirat Handschuhsheim nicht abstimmen,
sodass eine Chance vertan wurde, dieses Kürzungskonzept von
Seiten Handschuhsheims abzulehnen. Dies ist umso bedauerlicher, als der
Bezirksbeirat Handschuhsheim vor den entscheidenden Sitzungen des
Gemeinderats im Januar und Februar 2011 nicht mehr zusammentreten wird. |
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Die Defizitsituation ist ohne Zweifel ein
großes Problem. Aber eine deutliche Verschlechterung des Angebots für eine
Einsparung von nur 1,5 bis 2,2 Mio € bei einem Defizit von 30 Mio € kann
keine Lösung sein. Sie würde das Problem nur verschärfen, indem sie
mittelfristig eine Abwärtsspirale der HSB auslösen würde. Was Heidelberg
braucht, ist eine deutliche Verbesserung des Öffentlichen Verkehrs: höhere
Geschwindigkeiten, weniger Verspätungen, bessere Anschlüsse, endlich die
Schienenanbindung des Neuenheimer Felds usw. Dann werden sich die
Fahrgasteinnahmen und damit die wirtschaftliche Situation der HSB verbessern. Andere Städte wie Feiburg, Basel, Bern, Zürich, Karlsruhe usw.
haben das längst vorgemacht.
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Auf seiner Sitzung am 28.2.2011 holte der Bezirksbeirat
Handschuhseim den Beschluss vom Dezember 2010 nach, als er bei der Sitzung
im Pfaffengrund nicht beschlussfähig war. Auf Antrag von Herrn Wilhelm
Seeger-Kelbe lehnte der Bezirksbeirat Handschuhseim mit großer Mehrheit bei
1 Gegenstimme und 3 Enthaltungen die im Rahmen der der
"Liniennetzoptimierung Heidelberg" für Handschuhsheim vorgeschlagenen
Maßnahmen und Veränderungen der Straßenbahnlinien 21 und 23 ab.
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In der Sitzung am
4.Mai 2011 lehnte der zuständige Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss die Vorlage
zur Kürzung des HSB-Straßenbahn- und Busbetriebs ("Liniennetzoptimierung")
mit 0 Ja-, 13 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung ab. |
In derselben Sitzung wurde der nachfolgende Antrag zur Beschleunigung
einstimmig verabschiedet ( 14 Ja-Stimmen aller Fraktionen und
Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner). Damit hat der
Gemeinderat endlich sinnvolle Kriterien für die ÖPNV-Bevorrechtigung an
Kreuzungen geschaffen, die die vorhandene Grünzeit gerecht verteilen und die
Wartezeiten für alle Verkehrsteilnehmer minimieren: |
Obwohl die
zuständigen Fachausschüsse nach ausführlicher Diskussion die
Streichungsvorschläge fast einstimmig abgelehnt hatten, brandete in der
abschließenden Sitzung des Gemeinderats am 26.5.2011 wieder eine heftige
Redeschlacht zwischen den Parteien auf. Dr. Annette Trabold (FDP), die im
letzten halben Jahr weder an den Sitzungen der Bezirksbeiräte, des
Fahrgastbeirats oder an den drei ausführlichen Diskussionen des
Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschusses teilgenommen hatte, stellte sogar den
Antrag, die Entscheidung zu vertagen und die Diskussion wieder neu zu beginnen.
Dieser Antrag wurde knapp mit 19:20 abgelehnt. Danach lehnte der Gemeinderat mit
20 Stimmen (GAL, GRÜNEN, SPD, Bunte Linke, generation hd und HD PuE) gegen 19
Stimmen (CDU, HEIDELBERGER, FDP, FWV und OB) die Pläne zur
"Liniennetzoptimierung" ab und beschloss gleichzeitig ein Programm zur
Beschleunigung des Öffentlichen Verkehrs in Heidelberg. Nur noch die Buslinien
30 und 34 werden im übernächsten SEVA noch einmal behandelt. Dann wird auch ein
gemeinsamer Antrag von GAL, GRÜNEN, SPD, Bunte Linke, generation hd und HD PuE
zur Einsparung von Betriebskosten durch Qualitätsverbesserungen im Öffentlichen
Verkehr behandelt (Qualitätsoffensive Öffentlicher Verkehr).
Die Unterlagen zum Thema finden sich auf der Seite der
Stadtverwaltung und
des UPI-Instituts (Präsentationen im SEVA
23.2.2011 (Powerpoint 10 MB) und
4.5.2011).
Zunächst sah es so aus, dass die RNV nun auf die neue Linie der
Gemeinderatsmehrheit eingeschwenkt ist. Sie verbesserte ab dem Sommerfahrplan
2011 (ab 27.6.2011) geringfügig den Takt der Straßenbahnlinien 5, 23, 21 und 24.
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In der Praxis hat es die RNV aber bisher nicht geschafft, die Linie 23
in einem sinnvollen zeitlichen Abstand zur OEG (Linie 5) fahren zu lassen.
Die OEG kommt meist schon voll von der Bergstraße an und fährt dann als
erste durch Handschuhsheim und Neuenheim in die Stadt und sammelt fast alle
Fahrgäste ein. Statt im sinnvollen Abstand von 5 Minuten fährt dann kurz
hinterher die Linie 23 sehr schwach besetzt in die Stadt. Auch in
umgekehrter Richtung fährt die 23 meist direkt hinter der OEG her. Die RNV
hat zwar den innerstädtischen Fahrplan geringfügig (um eine Minute)
verbessert. Da die übrige Fahrplanlage aber gleich blieb, kann die OEG
diesen Fahrplan nicht einhalten und fährt regelmäßig kurz vor der 23. Will
die RNV wieder irgendwann Verkehrszählungen machen und die Streichung der
Straßenbahnlinie 23 damit in Zukunft doch noch durchsetzen ? |
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