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Gemeinderatssitzung 9.4.2003In der Bürgerfragestunde vor der eigentlichen Gemeinderatssitzung stellten mehrere Gärtner und Gärtnerinnen Fragen an die Oberbürgermeisterin. Elke Koppert z.B. wies auf die ökologischen Schäden durch einen Nordzubringer hin. Die Oberbürgermeisterin antwortete ihr, auch eine 5. Neckarbrücke verursache ökologische Schäden und die Schäden durch einen "kleinen" Nordzubringer seien im Vergleich doch kleiner. Man müsse dies gegeneinander abwägen. Dies ist eine sehr unredliche Argumentation der OB, da das von ihr mit dem Uni-Rektor ausgehandelte "Kompromiss"-Papier beides vorsieht: Einen Nordzubringer und eine 5. Neckarquerung und dazu noch einen Ausbau des Klausenpfads. Anderen Gärtnern, die auf die Probleme hinwiesen, antwortete sie, es sei ja noch gar nicht festgelegt, wo der Nordzubringer eigentlich verlaufen solle, er könne auch weiter östlich gebaut werden. Danach begann die Diskussion der Gemeinderäte, aus der im Folgenden die wichtigsten Aussagen zusammengefasst werden: Karl Emer, SPD, lehnte das zwischen OB Weber und Rektor Hommelhoff ausgearbeitete Konzept und damit einen Nordzubringer klar ab. Er sprach sich für das Mobilitätspaket aus, das u.a. in der Veranstaltung in Handschuhsheim als Alternative zum Nordzubringer und zur 5. Neckarbrücke vorgestellt worden war. Christian Weiss, GAL, sprach sich ebenfalls für die Prüfung des Mobilitätspakets aus, außerdem für das durch den Vorsitzenden des Stadtteilvereins Martin Hornig bei einer gemeinsamen Sitzung der Bezirksbeiräte Handschuhsheim, Neuenheim und Wieblingen vorgestellte Maßnahmenpaket von 17 Sofortmassnahmen zur Verbesserung der Verkehrsanbindung der Universität. Annette Trabold, FDP, hatte noch vor zwei Jahren (am 25.7.01 im Stadtblatt") gegen einen Nordzubringer plädiert: "Einen Autobahnzubringer können wir uns im Neuenheimer Feld nicht vorstellen." Jetzt spricht sie sich sowohl für den Nordzubringer wie für die Brücke durch das Naturschutzgebiet aus und unterstützt das OB-Rektor-Papier. Unter welchen Einfluß ist Frau Trabold wohl geraten ? Sie meinte, da noch keine genaue Planung für den Nordzubringer vorliege, sei der Protest der Gärtner vorschnell und zu früh. (Ob sie meint, dass man lieber protestieren solle, wenn es zu spät ist ?) Wolfgang Lachenauer, Heidelberger, plädiert für einen Radieschentunnel knapp unter der Erdoberfläche quer durch das Handschuhsheimer Feld.
Hermann Gundel, FWV: Für Prüfung Nordzubringer, aber gegen "Radieschentunnel". Er hat erkannt, dass die Pflanzen oben nur noch schlecht wachsen würden. Thomas Krczal, SPD, plädierte in einer guten Analyse der Wirkungen der einzelnen Maßnahmen für das Mobilitätspaket. Der 1. Bürgermeister, Prof. Dr. Raban von der Malsburg, CDU, legt dar, dass ein Radieschentunnel einen erheblichen Mehrverkehr in Bergheim (+2000 Kfz/24 Stunden) und eine Entlastung der Autobahn (-2800 Kfz/24 Stunden) zur Folge hätte. Er fasst das Ergebnis in dem Satz zusammen: "Es kann doch nicht Ergebnis städtischer Verkehrspolitik sein, die Autobahn zu entlasten und Stadtstraßen zu belasten." Christiane Schmidt-Sielaff, SPD, spricht sich aus mehreren Gründen klar gegen einen Nordzubringer aus und bezeichnet es als Witz, dass er "Kleiner" Nordzubringer genannt wird. Der "kleine" Nordzubringer ist 1,2 km länger als der historisch geplante ! Auch Ernst Schwemmer, CDU, spricht sich klar gegen einen Nordzubringer und gegen einen Radieschentunnel, allerdings für eine 5. Neckarbrücke, aus. Irmtraud Spinnler, GAL, plädiert ebenfalls klar gegen einen Nordzubringer und für das Mobilitätspaket. Nils Weber, Heidelberger, greift Martin Hornig an, weil er die Gemeinderäte öffentlich vor dem Rathaus fragte, ob sie für oder gegen den Nordzubringer seien. Er spricht sich dafür aus, dass in der UVP für die Brücke auch ein Nordzubringer und der Radieschentunnel geprüft wird. Klaus Weirich, CDU, spricht sich für die 5. Brücke aus. "Es gibt sonst nur noch die Alternative, dass Herzinfarktpatienten mit dem Fahrrad oder mit der Rikscha zur Klinik kommen." Auf diesem Niveau waren einige Beiträge von der CDU. Maßnahmen des Mobilitätspakets werden von der CDU und den Heidelbergern ignoriert oder abgelehnt. Anke Schuster, SPD, legt dar, dass das Geld für eine UVP für die Brücke rausgeworfenes Geld ist, da feststeht, dass die Brücke aufgrund des Schutzstatus des europäischen FFH-Gebiets nicht realisierbar ist. Peter Holschuh, GAL, spricht klar aus: "Das Neuenheimer Feld hat ein Parkplatzproblem, Bergheim hat ein Verkehrsproblem." Das Neuenheimer Feld braucht ein Bündel von Maßnahmen, u.a. deutliche Verbesserung des ÖPNV, Straßenbahnanbindung, Job-Ticket und Parkraumbewirtschaftung. Bergheim braucht den Burellitunnel. Die Politik der CDU (Burellitunnel erst, wenn die UVP für die Brücke fertig ist und negativ ausgefallen ist), steht für Stillstand in der Verkehrspolitik. Bei der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2001 habe die OB den "kleinen" Nordzubringer schon einmal vorgeschlagen und kein einziger Gemeinderat habe dies unterstützt. Der "kleine" Nordzubringer habe nach den Berechnungen des Gutachters praktisch keine Entlastungswirkung, weder für Handschuhsheim noch für Bergheim. Margret Dotter, CDU, sprach sich klar gegen einen Nordzubringer aus. Erst vor wenigen Wochen habe die Verwaltung einen Bebauungsplan für das Handschuhsheimer Feld vorgeschlagen, mit dem dieses schöne Gebiet auch in Zukunft geschützt werden soll. Jetzt einen Nordzubringer vorzuschlagen ist unlogisch und widerspricht dem geplanten Bebauungsplan. Der Verkehr ins Neuenheimer Feld kommt vor allem aus dem Westen und Süden. Dafür wäre ein Nordzubringer keine Lösung. Roger Schladitz, SPD, weist darauf hin, dass es die Universiätsleitung war, die seit Jahren sowohl eine Straßenbahnbindung des Universitäts-Campus als auch ein Job-Ticket und eine Parkraumbewirtschaftung verhinderte und dadurch ein Umsteigen eines Teils der Beschäftigten auf den ÖPNV unmöglich machte. Frau Dr. Lorenz, FWV, spricht sich pro Burellitunnel, aber auch für eine UVP der Brücke mit Alternative Nordzubringer aus. Fazit der vierstündigen Debatte: Mehrere Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sprachen sich erfreulicherweise klar gegen einen Nordzubringer aus. Gleichzeitig ist aber erschreckend festzustellen, dass die meisten Gemeinderäte die Ergebnisse der Gutachten, die sie selbst mit einem erheblichen Aufwand an Steuergeldern in den letzten Jahren in Auftrag gegeben haben, nicht oder nur sehr oberflächlich kennen. Viele Räte diskutieren praktisch nur über wenige sehr teure, kaum zu realisierende Straßenbauprojekte, deren verkehrliche Wirkung sie total überschätzen. Preiswertere und von der Systemwirkung her wesentlich effektivere Maßnahmen, die unter der Überschrift "Mobilitätspaket" zusammengefasst werden, werden in der Diskussion von vielen völlig vernachlässigt. Abstimmung: Nach der langen Diskussion erfolgten mehrere Abstimmungen. Antrag CDU: Burellitunnel erst, wenn UVP Brücke fertig: abgelehnt: 24 dagegen, 17 dafür Antrag Heidelberger: Nur kurzer Burellitunnel: abgelehnt: 34 dagegen, 5 dafür, 2 Enthaltungen Antrag Verwaltung: Langer Burellitunnel: angenommen: 22 dafür, 19 dagegen (Für diesen Antrag gestimmt haben die GAL, die SPD, die OB, Frau Dr. Lorenz von den FWV, Frau Essig und Herr Pflüger von der CDU, Frau Schulte von der PDS) Antrag CDU: Große Umweltverträglichkeitsprüfung einer 5. Neckarbrücke mit Ausbau Klausenpfad incl. Prüfung Radieschentunnel und anderer Alternativen wie Nordzubringer: angenommen: 28 dafür, 12 dagegen, 1 Enthaltung Antrag GAL: zusätzliche Prüfung weiterer Massnahmen, u.a. das von Martin Hornig in der Bezirksbeiratssitzung vorgestellte Maßnahmenpaket: abgelehnt: 21 dagegen, 19 dafür, 2 Enthaltungen (Abgelehnt haben diesen Antrag u.a. die CDU, die Heidelberger, Frau Hommelhoff und Herrmann Gundel; für diesen Antrag gestimmt haben die GAL, die SPD, die OB und Frau Dr. Lorenz) Antrag SPD: zusätzliche Prüfung weiterer ÖPNV-Massnahmen: angenommen: 22 dafür, 18 dagegen, 1 Enthaltung
Der Antrag der OB im Sinne ihres Vereinbarungsentwurfs mit dem Uni-Rektor wurde nicht mehr abgestimmt, da er durch den angenommenen CDU-Antrag (UVP-Brücke mit Prüfung von Alternativen) ersetzt wurde. Fazit: Der Nordzubringer als schnelle Übergangslösung, wie es OB Weber durchsetzen wollte, ist vom Tisch. Die Arbeit der Gärtner und Handschuhsheimer hat sich gelohnt ! Es wurde auch kein Prüfauftrag für einen Nordzubringer an die Verwaltung beschlossen, wie es die OB gewünscht hatte. Eine Mehrheit der Gemeinderäte scheint gegen den Nordzubringer zu sein. Es wurde allerdings beschlossen, eine grosse Umweltverträglichkeitsprüfung für eine 5. Neckarbrücke zu machen, bei der automatisch sowohl der Radieschentunnel wie der Nordzubringer wieder auftauchen wird. Ein Radieschentunnel hätte für die gärtnerische und landwirtschaftliche Nutzung Nachteile, die u.a. von Stadtrat Ernst Schwemmer (CDU) dargelegt wurden. Die Hydrologie der Grundstücke über dem Tunnel wäre beeinträchtigt. Der Boden hätte keine Verbindung zum Grundwasser mehr, was sich nachteilig auf die gärtnerische Nutzung auswirken würde. Für die Hauptverkehrsströme ins Neuenheimer Feld, die von Süden und Westen kommen, wäre ein Radieschentunnel keine Lösung. Der Verkehr auf der Ernst-Walz-Brücke würde durch seinen Bau nicht spürbar nur um 4 % abnehmen. Zur Abführung der Abgase aus dem Tunnel müssten mehrere Entlüftungsbauwerke entlang der Strecke gebaut werden. Die neuen EU-Richtlinien zur Sicherheit von Tunnel-Bauwerken würden zu einer aufwändigen und damit teuren Bauweise führen. Darin liegt das eigentliche Problem eines Tunnels über eine Strecke von 2,2 km. Bei einem Beschluss für einen Radieschentunnel wäre es sehr wahrscheinlich, dass die Straße im Verlauf des Verfahrens nicht auf der ganzen Länge als Tunnel, sondern aus Kostengründen zunächst teilweise und später vollständig oder weitgehend als oberirdischer Nordzubringer durch das Handschuhsheimer Feld geführt würde. Wie so etwas abläuft, sieht man am Beispiel der 5. Neckarquerung. Nachdem eine 5. Neckarquerung im bisherigen Verkehrsentwicklungsplan nicht enthalten war, beschloss der Gemeinderat im Jahr 2001 in der Fortschreibung des VEP diese Neckarquerung zunächst als Tunnel, um eine Belastung des Naturschutz- und FFH-Gebietes Alt-Neckar zu vermeiden. Der Beschluss war jedoch noch keine 2 Jahre alt, als der Gemeinderat wegen der Kosten des Tunnels (die natürlich vorher auch schon bekannt waren), umschwenkte und seinen Beschluss änderte. Die Neckarquerung wird jetzt an derselben Stelle oberirdisch als Brücke geplant. Das Ergebnis der UVP wird sein, daß eine Brücke über ein FFH-Gebiet aus ökologischen und juristischen Gründen praktisch nicht machbar ist. Gegen einen Nordzubringer sprechen zwar auch mehrere gravierende ökologische Gründe. Es gibt aber anders als bei dem FFH-Gebiet keine zwingenden juristischen Gründe, die einen Nordzubringer automatisch juristisch verhindern würden. Es gibt weder ein Gesetz, das die Zerstörung landwirtschaftlicher Betriebe noch die massive Beeinträchtigung von Naherholungsgebieten verbieten würde. Ein Nordzubringer wie ein Radischentunnel kann nur politisch verhindert werden. Dies wird die Aufgabe der nächsten Jahre sein. Die Arbeit wird also weitergehen müssen. Wie soll es weitergehen ?Dringend notwendig ist es jetzt, dass endlich - nach 10 Jahren - die schon 1994 beschlossenen Maßnahmen, u.a.:
umgesetzt werden. Diese Maßnahmen waren übrigens grundlegender Bestandteil aller Planfälle, die für die letzte Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans gerechnet wurden. Der Gemeinderat hat jetzt aber lediglich beschlossen, dass diese Maßnahmen im Rahmen der UVP für die 5. Neckarbrücke "geprüft" werden sollen - zum vierten Mal ! Sie wurden bereits in den vom Gemeinderat beauftragten Untersuchungen und Gutachten von Prof. Dr. Wermuth (1990/1993), Büro für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. Reinhold Baier GmbH (1994) und PTV-Planung-Transport-Verkehr-AG (2001) mit jeweils positivem Ergebnis geprüft. Sie sind Bestandteil des beschlossenen Verkehrsentwicklungsplans. Der zuletzt vom Gemeinderat beauftragte Gutachter schreibt dazu: "dass die Kombination mehrerer ‚kleiner" Maßnahmen (ohne 5.Neckarquerung) in der Summe in der Lage sind, die Verkehrsverhältnisse des Neuenheimer Feldes mittelfristig nachhaltig zu verbessern und eine weitere Entwicklung des Gebietes zuzulassen"
In seinem Gutachten kommt PTV zu der Empfehlung:
Bereits vor zwei Jahren, u.a. bei der Sitzung des Bau- und Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschusses des Heidelberger Gemeinderats am 17. Juli 2001 sprachen sich die (Ober)Bürgermeister von Sandhausen, Walldorf, Plankstadt und Wiesloch klar und eindrücklich für die Verlängerung des Heidelberger Straßenbahnnetzes nach Süden und Südwesten aus. Geschehen ist bisher nichts. Die UVP wird ein bis zwei Jahre dauern. Wird in dieser Zeit endlich mit diesen Maßnahmen angefangen, um keine weitere Zeit zu verlieren ? Nach den bisherigen Signalen aus dem Rathaus ist damit nicht zu rechnen. Seitenanfang Hauptseite Nordzubringer Pressespiegel Liste der Gemeinderäte |